TEXT: NENA SULSER, REGISTRIERTE DIPL. YOGALEHRERIN 600H YS/EYU
PHOTO: GIORGIO VON ARB
Unsere schnelllebige Zeit geprägt von Stress, Konsumverhalten, Leistungs-und Konkurrenzdenken, kann uns zu Verhaltensweisen führen die Oberflächlichkeit, Egoismus, Vereinsamung und Krankheit hervorrufen.
An die Kinder werden heutzutage von Seiten der Gesellschaft hohe Ansprüche sowie anhaltende Leistungsanforderungen gestellt, gegen die sie sich alleine nicht zur Wehr setzen können.
Bereits im Kindergarten erleben wir Leistungsdruck und Konkurrenzverhalten unserer Gesellschaft. Unter Leistungsdruck, flüchten sie in Aggressionen und Traumwelten, leiden zunehmend unter psychosomatischen Krankheiten, unter Konzentrationsstörungen und Ängsten.
Jugendliche neigen dazu Gewalt zu akzeptieren und auszuüben, flüchten zu einseitigen Gruppierungen, scheinen für Suchtmittel anfällig zu sein und machen Medien zum Lebensmittelpunkt.
Der Wunsch nach Anerkennung und Akzeptanz wird mit oberflächlichen Stützen befriedigt, die jedoch nicht zur Erfüllung sondern zu mehr und mehr Leere und Orientierungslosigkeit führen.
Unsere Individualität und deren Entwicklung werden in den Hintergrund gedrängt und bei „Nichtanerkennung“ und „Nichtannahme“ fühlen sich Kinder als minderwertig. Dabei steckt doch in jedem von uns das Ur-Bedürfnis, geliebt und „gesehen“ zu werden.
DOCH WAS KANN HIER YOGA BEI KINDERN BEWIRKEN?
Durch Yoga beginnt ein eigenständiger und individueller Bewusstwerdungsprozess und im laufe der Zeit wird aus der anfangs passiven Haltung der Kinder eine aktive, bewusste Teilnahme. Dies gilt als Basis, um später aus eigenem Antrieb, allein und in Gruppen, „in die Ruhe“ gehen zu können bzw. zu meditieren. So könnte man bei den Kindern das Sozialverhalten deutlich verbessern.
Der Einstieg ins Yoga und der Abschluss, geschieht mittels Entspannung. Egal ob die Kinder (4-8J) in der Stille gemeinsam ein Mandala (Kreis) legen, ob sie Naturgeräuschen zuhören und dabei versuchen sich den ganz persönlichen Ort so gut es geht vorzustellen oder ob sie einfach nur ihre Atmung beobachten (9-16 J), all dies führt die Kinder in die Meditation.
Das alltägliche Geschehen tritt damit in den Hintergrund, der Körper kommt zur Ruhe, die Äusserlichkeiten verlieren zunehmend an Gewicht. Ruhe und Entspannung kehren ein und werden erlaubt.
Auf Augenhöhe mit den Kindern wird gemeinsam in die gleiche Richtung geschaut.
Es geht um Yoga mit Kindern und weniger um Yoga für Kinder.
Das Motto lautet: „Zeig mir was du kannst“ und „Ich kann etwas, ich zeige es dir“.
Ohne grosses Nachdenken üben und erleben die Kinder nicht die Haltung wie den Hund, den Baum oder die Katze. Das Kind ist eben ein ganz individueller Hund oder ein Baum und erfährt dadurch mehr Selbst-Bewusstsein und Selbst-Vertrauen wodurch sich Angstgefühle reduzieren und die eigene Kreativität freisetzt wird.
Gut zu wissen ist, dass keine Sportart eine ähnlich komplexe Motorik und Koordination fordert wie der Yoga.
Während in unserer Gesellschaft die Individualität und deren Entwicklung zunehmend in den Hintergrund gedrängt werden, wird im Yoga die Entwicklung der individuellen Persönlichkeit gestärkt, das Kind wird in seiner Einzigartigkeit gefördert und als Bereicherung erlebt, findet zunehmend Zugang zu sich selbst und gelangt zunehmend zu seinen inneren Stärken, woraus es Kraft und Freude schöpfen kann.
In der Ruhe und Entspannung erlebt das Kind, dass es nicht verlassen und einsam ist, sondern von inneren Kräften getragen wird. Es entsteht eine Ausgeglichenheit.
Glück, Freude und Zufriedenheit kann es stärker empfinden und dies auch anderen gegenüber ausstrahlen. So erlebt es Anerkennung und Zuwendung von seiner Umwelt (äussere Welt), was eine Stärkung seines Selbstvertrauens bewirkt (innere Welt).
Es entsteht ein positiver Kreislauf und durchbricht eingefahrene negative Gedanken – Muster wie z.B. „ich kann nicht“, „ich bin nicht gut genug“, „ich schlage zu“, „ich lasse mich berieseln“ (von TV oder Games) u.v.m.
Durch regelmässiges praktizieren von Yoga kann man beobachten, dass sich Kinder immer besser Konzentrieren können, Ängste vermindert werden, die Kinder schneller entspannen können, weniger ablenkbar sind und mehr „bei sich“ bleiben können.
Unsere Kinder brauchen liebevolle, geduldige Unterstützung sowie einfühlsame Anleitung, um Wege aus der Minderwertigkeit zur Voll-wertigkeit, vom Leistungsdruck zu Entspannungs- & Ruhephasen, von der Reizüberflutung zur Stille & Konzentration und von der Verunsicherung in Sicherheit, Selbstvertrauen, Anerkennung zu finden.
Erfahrungsgemäss ist der früheste Einstieg mit vier Jahren möglich, in diesem Alter kann die Begleitung von Freund oder Freundin hilfreich sein.
Wir sollten nicht vergessen, dass die Kinder es sein werden, die die Welt nach uns noch bewohnen und dass sie das was wir ihnen mitgeben, leben und wiederum weitergeben werden.